Wie bereits berichtet, nahm Hanno Tietgens aka Xon Emoto (BÜRO X Media Lab) als einziger europäischer Panelist an der Veranstaltung "Virtual Worlds as Green Workplaces" in Second Life teil. Nun schildert er seine ersten Eindrücke:
Der Moderator William May kam live aus dem U.S. State Deptartment, 12 KollegInnen schauten ihm in real life über die Schulter, fast alle haben mit der Vorbereitung des Klimagipfels von Kopenhagen zu tun. In Second Life waren gut über 70 Avatare auf der Sim Annenberg der USC University of Southern California zu Gast.
Bill's 1. Frage: Funktionieren VWs als reale Workplaces (Ich selbst spreche lieber von Workspaces im Web 3D.)? Da waren sich -- nicht sehr überraschend -- alle im Panel einig: klar. Ich konnte das am Beispiel des Projekts TÜV NORD IN 3D mit fünf Folien belegen, Barbara Lombardo von IBM und Judy Wade von Linden Lab hatten natürlich auch jede Menge Fakten, Anna Jaeger von Tech Soup spannenden Input aus dem NGO/Non Profit-Bereich.
Bill's 2. Frage, vereinfacht übersetzt: Helfen VWs und virtuelle Workplaces dem Klima? Da wurde es kompliziert, denn die entscheidende Frage ist ja: Wie will man das messen, woran will man das festmachen? Ich hab mich ein bisschen mit dem Fall des Autors Nick Carr beschäftigt, der auf dem Höhepunkt des Hypes Ende 2006 vorgerechnet hat, das ein SL Avatar soviel Strom verbraucht wie ein durchschnittlicher Brasilianer. Das wurde damals schnell und von kompetenten Leuten hinterfragt und widerlegt, aber nur im digitalen 'Kleingedruckten' der Blog-Kommentare. Die HL und die (falsche) Zahl eines Verbrauchs von 1.752 kWh pro Jahr und andere völlig veraltete Zahlen geistern jedoch gerade in Deutschland bis heute auch durch wirklich seriöse Publikationen, während kritische Kommentare und korrekte Informationen ignoriert werden. (http://www.geo.de/GEO/natur/oekologie/59816.html: "Sehr verschwenderisch ist das Unterhalten virtueller Spielwelten wie Second Life. Im Schnitt sind schätzungsweise zu jeder Zeit zwischen 10.000 und 15.000 Kunstwesen, sogenannte Avatare, aktiv." Das ist aus GEO, März 2009 -- da dürfte der Schnitt der Concurrent User im Tagesverlauf schon bei gut über 50.000 oder sogar 60.000 gelegen haben, was die ganze Berechnung -- z.B. Grundlast der Serverparks, verteilt auf die User -- verändert. Nicht berücksichtigt war auch die Frage, wieviel Strom an denselben Computern denn auch ohne Nutzung eines Programms wie Second Life verbraucht worden wäre. Aus dem Brasilianer war ein Mexikaner geworden, und als Referenz wurde dessen Stromverbrauch von 2002 herangezogen ...)
Bis heute ist zudem (zumindest mir und den anderen Panelists) keine allgemein akzeptierte, umfassende Berechnung dazu bekannt, was die konkreten Einsparungen an Kerosin, CO2 etc. z.B. durch Verzicht auf Reisen, Autofahrten etc. betrifft. Das Panel votiert eindeutig dafür, sich hier nicht an punktuellen Beispielen festzubeissen, sondern das große Bild zu betrachten; BÜRO X Media Lab wird das Theme in 2010 mit dem TÜV NORD und einem unserer Hochschulpartner systematisch einmal angehen.
(Screenshot: BUERO X Media Lab / Creative Commons)
Es gab im Anschluss eine sehr lebendige Diskussion mit teils sehr guten Fragen. Auch die Amerikaner haben zum Beispiel in ländlichen Gebieten noch massive Versorgungsprobleme in Sachen Internet und Bandbreite. Das führte zu der Frage an die Regierungsvertreter: "If virtual worlds are effective green workplaces, does it make sense and would it be cost effective to improve the infrastructure needed for high speed internet for everyone? Does it make more sense to build communications infrastructure as opposed to physical transportation infrastructure?" In diesem Bereich laufen ja gerade in der USA spannende Initiativen. Speziell Judy Linden wurde natürlich auch zur Performance von Second Life befragt, z.B. von Joia Sands: "I love the idea of gathering nonprofit leaders globally for virtual meetings. It's still frustrating, though to have to deal with issues like the lag caused by 20-50+ people in one spot and audio issues. Can anyone give an update on what's being done to over come the tech issues?" Sie verwies auf die zahlreichen Neuerungen, die entweder gerade publik geworden sind wie SL Enterprise oder kurz vor der Veröffentlichung stehen.
Judy und Barbara von IBM erinnerten auch daran, dass es ja nicht nur um Einsparungen von Geld oder CO2 geht, sondern um qualitative VERBESSERUNGEN der Zusammenarbeit durch die immersiven und sozialen 3D Umgebungen; das können wir aus den Projekten mit TÜV NORD und am 3D Campus Hamburg nur bestätigen. Bill May stellte abschließend fest, dass ein solches Event ohne einen virtual workspace wie SL nur mit einem immens größeren Aufwand möglich gewesen wäre, und natürlich mit einer deutlich schlechteren Ökobilanz. Ich kann hier leider nicht mehr wiedergeben -- es war einfach sehr spannend. Und: Bernhard Drax ( Draxtor Despres in SL ) erstellt eine komprimierte filmische Dokumentation des Events.
Get this widget at roytanck.com
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen